Montag, September 19

Case Study zu Supply Chain Servicewüsten

Wie gut oder schlecht so mancher eCommerce Service funktioniert merkt man wahrscheinlich eher in den, dem Kauf nachgelagerten Prozessen. Eine richtig peinliche Nummer habe ich nun von folgender Supply Chain zu berichten:

Garmin (Hersteller) -> H&S Bike-Discount.de (Onlineshop) -> DHL (Logistik) -> Ich (Kunde)

Ich hab vor 1,5 Jahren einen Garmin Edge 500 gekauft, ein GPS Tacho, der Fokus der Fkt. liegt beim Rennradfahrer. Ich hab das Teil gekauft, da es a) den Quasi-Standart ANT+ unterstützt, es b) frei von sinnlosen Spielereien ist, man c) einiges selbst einstellen und anpassen kann und es d) ganz gut aussieht. Am billigsten gab es damals das Teil beim Onlineshop H&S Bike-Discount, die für schweizer Kunden einen recht unkopmplizierten Prozess anbieten: Die MWST wird bei Angabe einer CH-Adresse direkt abgezogen, um den Rest kümmert sich der Zoll (Bis ca. 200€ bleibt das ganze meist unbelastet, darüber führt man ein, heisst oft Zollgebühren und auf jeden Fall CH-MWST).

Bei der Transalp (am 30.06.2011) ist mir das Teil dann auf die Gasse geflogen. Das lag daran, dass die Knöpfe recht schnell ihren Druckpunkt verlieren, man diese für den Seitenwechsel aber drücken muss und dabei gleichzeitig in die Richtung des Auslösemechanismus für die mitgelieferte Plastik-Lenkerhalterung drückt, (die ebenfalls an Griffigkeit verliert). Dabei sind blöderweise die beiden Plastikausprägungen abgebrochen, mit denen man den Tacho in die Plastikhalterungen eindrehen kann. Heisst: Technisch voll funktionierender Tacho, nur kann man ihn nirgends festmachen, also auch nicht ablesen.

Im Juli habe ich dann via E-Mail beim H&S (mit denen ich die Rechnung über das Gerät habe) angefragt was zu tun ist. Hierzu habe ich das folgende Foto mitgeschickt um die Sache zu erklären:
Der H&S antwortete wie folgt:
"Sehr geehrter Herr Walter,
vielen Dank für Ihre damalige Bestellung in unserem Hause.
Gerne biete ich Ihnen an, dass Sie uns den defekten Garmin mit der Rechnungskopie und dem beiliegendem Retourenschein nach Grafschaft-Gelsdorf zurücksenden.
Sobald dieser bei uns wieder eingeht, werden wir den Artikel unseren Lieferanten zur Reklamation bzw. Reparatur weiterleiten. In der Zwischenzeit des Servicefalles bitte ich Sie daher um etwas Geduld, da dieser leider zur Zeit ca. 3 Wochen in Anspruch nimmt."


Gesagt-getan, Anfang Juli ging der Garmin auf Reise. Am 29.07. teilt H&S it dass das ganze an Garmin weitergeleitet wurde. Am 30.8. frage ich zum letzten mal via EMail den Status an:
"Liebes Bike Discount Team,
am 19.7. habe ich Euch meinen defekten Garmin Edge 500 zugesendet.
am 29.7. habt Ihr Ihn anscheinend weitergeschickt.
ca. 3 Wochen bis Retoursendung hattet Ihr mal angekündigt.
Wann kann ich denn nun mit dem Gerät rechen?
Danke für die Info & VG"

Antworten gab's keine mehr. Am 12,09. lag dann ein Abholschein der DHL im Briefkasten, wortlaut in etwa: "Sie heute mittag um 13:00 nich da. 2. Zustellungsversuch nur wenn sie vorher von evtl. Vorderungen abtreten, wir lassen das Ding dann bei Ihnen im Briefkasten, oder Nachbar. Ansonsten noch 2 Adressen: 1x SG und 1X Wil." Am logischsten ist abholen, war aber auch nicht so einfach, weil:
1. Abholen im Refill- und Stempel-Shop St. Gallen
2. Gegen Zollgebühren: 21,30 CHF
3. Keine Herausgabe möglich wenn nicht vorher Rechnung beglichen, nur online, kein Bar, etc.

Kam mir alles schon seltsam vor. Der Laden war dann so einer wo man immer denkt, die dürft's doch wg. MediaMarkt, Onlineshops, etc. garnicht mehr geben, esseidenn es laufen gute Drogendeals im Hinterzimmer. Jedenfalls hab ich dann den Kram überwiesen (wollte ja das Gerät zurück) und bin in der Mittagspause hingeschlappt. Beim Abholen bin ich dann gleich drauf gekommen, warum 21,30 CHF fällig waren. Der H&S hat das Gerät nämlich so zurück geschickt:

Grosse Box -> höheres Gewicht -> Dazu von Aussen nicht als Retourware deklariert -> Da muss der CH-Zoll nachforschen -> Das wird in Rechnung gestellt. Sehr sinnlos zudem, dass ungefragt 2x der gleiche Angebotskatalog in der Box liegt (kann man doch online recherchieren, Papier sparen, ...). So weit so schlecht. Der Knaller kommt natürlich zum Schluss. Am Gerät (das ja über 10 Wochen auf Reise war). wurde GARNICHTS getan. Viel besser sogar: Garmin legt gleich die Rechnung fürs nichtstun (also eher -nicht reparieren, die 25 sind quasi fürs Lage checken) bei: mit 25 €. Begründung: Sie haben das Ding schlecht behandelt, das sieht man an den Abbruchkanten, is kein Garantiefall. Siehe hier:


So, das war's soweit. Kann jetzt im Nachhinein niemandem raten sich keinen Garmin mehr zu kaufen, weil es immernoch (technisch) die besten Geräte sind, wie ich finde. Der Service vom H&S ist sicher das peinlichste. Die haben das mit dem CH-Zoll, etc. erstmal gar nicht verstanden. Und warum bitten sie einen das Gerät einzusenden, wenn sie den Garmin-Rückwaren-Prozess dann ebenfalls nicht verstanden haben? Definitiv Nachholbedarf! Bleibt die DHL. Mit Deliver-Now kommt man da heute also superschnell zu seinem Päckchen...., naja.

Abschliessend eine Bemerkung zum Geld: Hierum geht's mir bei der ganzen Story nicht. Sicher ist es generell hochgradig inakzeptabel insgesamt 60 € für garnichts zu bezahlen, aber in der Story ist das nicht matchentscheidend. Ich kann mir heute Nachmittag auch nen neuen Garmin kaufen, wenn ich mag. Aber grob überschlägig sieht man was bei so einer sinnlosnummer für Prozesskosten anfallen:
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Garmin: Paketannahme, öffnen, bearbeiten, Standardschreiben rauslassen, eintüten, rücksenden (sicher > 100€)
H&S Bike-Discount: Arbeitszeit EMails, Paketannahme, Weiterleitung, Garmin Rücksendung in Empfang nehmen, in zu grosse Box tun, 2 x den gleichen Produktkatalog beilegen, Versenden (sicher auch mehrere 100 €).
DHL: Transport & Lagerkosten, Anlieferung und evtl. Gebühr für Zwischenlagerung in dubiosem Stempelladen, Arbeitszeit bei Ausfüllen des Kärtchens beim Zustellversuch, sicher mehrere 100.
CH-Zoll: Bearbeiten, Päckchen auf Bomben hin untersuchen, nachforschen, etc.. (wahrscheinlich paarhunder CHF, weil Schweiz).
Refill und Stempelshop SG: Lager und Bearbeitungskosten, Ausweiskontrolle bei Abholen, Paket aus Keller holen, etc. -> mehrere hundert CHF, weil Schweiz)
Kunde: Einsenden: 18 CH (Versicherter Versand + Verpackungsmaterial), Wartezeit überbrücken mit Ausleihgerät vom Kumpel (für Lau), Zollgebühren (21,30 CHF), Rechnung von Garmin (25€).
Wert des Gerätes: derzeit ca. 180 €.
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Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte das macht summa summarum sicher ein Tausender. Sicher ist aber folgendes: Wertschöpfung = 0,- €.